Übertriebenes Wassersparen ist in Deutschland nicht notwendig

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Übertriebenes Wassersparen ist in Deutschland nicht notwendig

Gastbeitrag von André Niemann, Leiter des Instituts für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen im Rahmen der Artikelserie „Wasser sparen„.

André Niemann

Unser Wasser ist unfassbar günstig – Ist das eigentlich jedem so bewusst?

Wir haben in Deutschland immer und überall sauberes Wasser. Fließend. In einer Qualität und Versorgungssicherheit welche weltweit zu den besten gehört. Und nach dem Gebrauch wird es ebenfalls immer und überall gesammelt und schlussendlich in der Kläranlage gereinigt. Wir sind hochzufrieden mit dieser Leistung der jeweiligen Wasserver- und Abwasserentsorger und auch im erheblichen Umfang daran gewöhnt. Alles! Immer! Überall! Aber was kostet das den eigentlich? Ganz einfach: Frisches Wasser für 24 ct. am Tag. Immer ein sauberes Gewissen nach der Toilette oder bei was auch immer: 31 ct. am Tag (http://de.dwa.de/tl_files/_media/content/PDFs/Abteilung_AuG/WEB-Branchenbild-dt-wasserwirtschaft-2011.pdf). Hätten Sie es gedacht? Dafür kann man es sicher nicht selber machen. Wasser in dieser Qualität ist unfassbar günstig. Und wenn man dann noch berücksichtigt, dass sich z.B. unsere Wasserversorger freiwillig über einen Leistungsvergleich mit Ihren Kennzahlen vergleichen, dann zeigt allein dies schon das Streben nach Effizienz bei der Wasserversorgung, egal ob zu Themen wie Wasserpreis, Energieverbrauch oder anderen Aspekten.

Und jetzt? Wasser sparen?

Die EU möchte also Wasser sparen fördern. Hhmm…Mal kurz nachgedacht: Die oben schon geschilderte Qualität der Wasserversorgung ist ja ein Resultat einer langen Reihe von Verfahrensschritten. Es beginnt mit der Sicherung der Rohwasserressourcen und einer ausgeglichenen Mengenwirtschaft, Fassung, Aufbereitung in mehreren Stufen, Verteilung (bitte ohne Verluste), aber auch bitte immer mit dem richtigen Leitungsdruck. Am Ende kommt das Wasser zu uns nach Hause oder in den Betrieb. Überall und immer.

Wir haben keinen Wassermangel in Deutschland. Da sind wir ein Stück weit gesegnet. Warum also Wasser sparen? Eigentlich haben wir schon lange einen sehr bewussten Umgang mit Wasser. Der Sparspüler im Badezimmer ist schon lange nichts Besonderes für uns. Er ist es aber leider immer noch für einige Länder in Südeuropa und in Regionen mit erheblichen Aufwendungen einer (heute oftmals nicht nachhaltigen) Wasserversorgung. Achten Sie doch im Urlaub mal darauf. Sie werden überrascht sein. Und aus den USA möchte ich gar nicht erst berichten.

Diese Versorgungssicherheit gewährleisten wir über eine umfassende Infrastruktur, mit Brunnen, Talsperren, einem umfangreichen Leitungsnetz mit Speichern und weiteren Einrichtungen. Alle diese Komponenten werden dauerhaft vorgehalten. Egal wie viel Wasser wir verbrauchen. Der Fixkostenanteil im Betrieb der Anlagen beträgt zwischen 70-85%. Wasser sparen ändert hier in Deutschland also wenig.

Insofern kommt für uns die eigentliche Herausforderung aus der Demografie. Wir werden weniger. Unsere Städte schrumpfen. Und das bedeutet, dass die spezifischen Aufwendungen steigen. Auch der Energieverbrauch bleibt nahezu unverändert, womit sich auch die Ökobilanz nur bedingt verbessern lässt. Bei dieser Ausgangslage macht weiteres Wassersparen also nicht wirklich Sinn und der Ansatz nur noch wassersparende Wasserhähne und Duschköpfe zuzulassen läuft in unserer Region ins Leere, zumal wassersparende Armaturen, Toilettenspülungen und Haushaltsgeräte in Deutschland schon lange zum Alltag gehören.

Und bitte nicht immer nur über die EU jammern…

Es gibt aber auch positives: Was lamentieren wir im alltäglichen nicht immer so alles über die Regelungswut der EU. Angeblich wird alles geregelt, europaweit stetig und immer wieder mit vermeintlich unnötigen oder gar unnützen gesetzlichen Vorgaben in das Leben der Bürger der Union eingegriffen. Insbesondere auch immer beim Thema Wasser. Die Medien stützen die Empörung zusätzlich mittels reichlich Sendezeit, zuletzt beim Thema EU-Konzessionsrichtlinie.

Dabei sind die Ziele und vor allem die Erfolge der EU gerade im Bereich Umweltschutz eigentlich schon beachtlich. Egal ob Lärm, Bodenschutz, Feinstaub oder Wasserqualität. In einer „langen Linie“ ist das über die EU so angeordnete gemeinsame Handeln oftmals effektiv und lässt dabei immer auch Freiräume (Ja, da sind Freiräume) für die Mitgliedsstaaten, müssen diese doch die Rahmengesetzgebung erst in nationales Recht einarbeiteten. Genau das wird oft in der Diskussion vergessen, sollte gerade mal wieder emotional zur Gesetzgebung diskutiert werden.

Ich glaube ja, dass der EU-Normalbürger ja eigentlich nur Augenmaß und vor allem gutes Handwerk bei der (ja, auch nationalen) Gesetzgebung einfordert. Und so hat auch dieser Ansatz zum „verordneten“ Wassersparen im Sinne des oben gesagten seinen Sinn. Er zielt vor allem auf andere Verhältnisse in Europa, auf andere Regionen mit weit mehr Problemen in der Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Und so werden wir es hoffentlich schaffen aus eigener Kraft unsinnige Verordnungen zu vermeiden, auch wenn dazu noch weiter zu beraten ist. Eigentlich ist es so glaube ich auch nur das, was die meisten Bürger in der EU beim Thema Gesetzgebung wollen…

Tipp 1: Lesen Sie was andere Experten sagen in unserer Artikelserie zum Thema Wasser sparen
Tipp 2: Wer sich über die Möglichkeiten des Wasser sparens informieren möchte kann unser kostenfreies Ebook Wasser sparen herunterladen

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