Grund- und Ersatzversorgung – sinnvoll, aber meist nicht optimal
In Deutschland hat jeder Haushalt einen Anspruch auf eine zuverlässige und flächendeckende Grundversorgung mit Strom. Das ergibt sich aus dem Energiewirtschaftsgesetz und der Stromgrundversorgungsverordnung. Es gibt jedoch noch zwei weitere Tarifformen: die Ersatzversorgung und Sondertarife. Wir erklären die Unterschiede – und welche Versorgung in der Regel die günstigste ist.
Die Grundversorgung als Basis
Die Grundversorgung gewährleistet, dass niemand im Dunkeln stehen muss. Für jedes Netzgebiet in Deutschland gibt es einen sogenannten Grundversorger: Es ist das Energieversorgungsunternehmen, das in diesem Gebiet die meisten Haushaltskunden beliefert. Alle drei Jahre kommt auf den Prüfstand, welcher Energieversorger das ist – häufig sind es die örtlichen Stadtwerke. Bei Zweifeln kann der örtliche Netzbetreiber Auskunft geben, wer Grundversorger in der Region ist. In die Grundversorgung fällt man, wenn ein alter Stromvertrag gekündigt, aber noch kein neuer abgeschlossen wurde. Häufige Gründe dafür sind ein Umzug oder wenn der bisherige Versorger die Preise erhöht hat – in diesem Fall haben Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht.
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Die Tarife stellen sicher, dass man weiterhin mit Strom versorgt wird. Dafür muss kein separater Vertrag geschlossen werden: Wer ohne Vertrag in sein neues Eigenheim einzieht und das Licht anknipst, wird automatisch Kunde des Grundversorgers. Man ist allerdings verpflichtet, dem Grundversorger mitzuteilen, dass und ab wann man Strom aus dem Netz entnimmt. Diese Tarife sind in den allermeisten Fällen aber nicht sehr günstig. Die Verträge können mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen gekündigt werden.
Die Ersatzversorgung als Notfall
Die Ersatzversorgung unterscheidet sich von der Grundversorgung dadurch, dass sie auch kurzfristig eine Versorgung mit Strom sicherstellen soll. Die Ersatzversorgung springt unter anderem ein, wenn der bisherige Stromanbieter in die Insolvenz geht oder das Recht auf Netznutzung verliert, weil er seine fälligen Netzentgelte nicht an den Netzbetreiber gezahlt hat. Sie greift auch, wenn ein beabsichtigter Anbieterwechsel aus irgendwelchen Gründen nicht reibungslos funktioniert hat. In diesen Fällen kann es theoretisch zu plötzlichen Lieferausfällen kommen. Die Ersatzversorgung stellt sicher, dass es keine Versorgungsunterbrechungen gibt. Sie greift auch in unklaren Fällen. Etwa, wenn der Stromverbrauch zunächst keinem konkreten Liefervertrag oder Lieferanten zugeordnet werden kann. Spätestens nach Ablauf von drei Monaten rutscht man ohne eigenes Zutun in die Grundversorgung.
Eine Ersatzversorgung ist eine Notfallversorgung und als solche mittlerweile auch fast immer die teuerste. Grund ist eine Gesetzesänderung, die 2022 in Kraft trat: Seitdem ist es den Energieversorgern erlaubt, die Preise in der Ersatzversorgung an aktuellen Börsenpreisen auszurichten und auch kurzfristig zu ändern. Der Gedanke dahinter ist einleuchtend: Geht ein großer Anbieter pleite, müssen andere Versorger seine Kunden aufnehmen. Das wirft ihre langfristige Planung über den Haufen und zwingt sie, kurzfristig mehr Strom am Markt einzukaufen – in der Regel zu höheren Preisen. Diese Kosten sollen sie, zumindest zum Teil, an die Verbraucher weitergeben können.
Ziel sollte für Kunden daher sein, so schnell wie möglich aus einer etwaigen Ersatzversorgung herauszukommen. Zunächst sollte man prüfen, ob man überhaupt begründet in ihr gelandet ist. Bestehen Zweifel daran, kann man Widerspruch beim Versorger über die Einordnung einlegen. Ansonsten ist man gut beraten, schnellstmöglich einen anderen Tarif zu wählen. So kann man beispielsweise verlangen, in die Grundversorgung aufgenommen zu werden. Lediglich in bestimmten Sonderfällen ist es dem Grundversorger erlaubt, Kunden für maximal drei Monate in die teurere Ersatzversorgung zu nehmen, ohne dass sie sie kurzfristig wieder verlassen können. Es gibt jedoch noch eine weitere Möglichkeit: Sondertarife.
Sonderverträge als Königsweg
Der Begriff Sondervertrag oder Sondertarif ist ein wenig irreführend, denn im Grunde sollten sie aus Sicht der Verbraucher der Normalfall sein. Sie sind meist günstiger, flexibler und berechenbarer für beide Seiten. Die Vertragslaufzeit kann zwar bis zu 24 Monate betragen, aber dafür sind beispielsweise auch Preisgarantien oder Ökostromtarife möglich. Es ist nicht verkehrt, sich etwas längerfristig festzulegen, wenn man nicht etwa einen Umzug in nächster Zukunft plant. Erhöht der Versorger die Preise während der Vertragslaufzeit, besteht in der Regel ein Sonderkündigungsrecht.
Hier wird in vielen Fällen noch bares Geld verschenkt, denn einem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zufolge befanden sich 2022 immer noch rund 24 Prozent, also ein knappes Viertel der Deutschen, in der klassischen Grundversorgung. Man muss für einen Wechsel nicht dauerhaft nach den neuesten Schnäppchen und Sondertarifen schauen, auch wenn es sich lohnen kann: Denn viele Anbieter locken mit Neukundenboni, bei denen man allerdings darauf achten sollte, dass die restlichen Konditionen ebenfalls kundenfreundlich sind.
Wer die Mühe aber scheut, kann häufig sogar beim bisherigen Anbieter bleiben. Die meisten Grundversorger bieten selbst mehrere Sondertarife an, in die man ohne viel Papierkram wechseln kann. Es wird Sie aber vermutlich keiner freiwillig darauf hinweisen, dass man mit einem solchen Wechsel künftig weniger bezahlen muss. Darüber hinaus ist Geld allein nicht alles. Wer in einen Sondertarif wechseln will, kann weitere Aspekte in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen. Dazu zählt beispielsweise die Wahl eines Ökostromtarifs oder von Anbietern, die nicht in Händen großer Konzerne sind, um den Wettbewerb und den Markt zu stützen.
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